Elmenhorst. Schon lange steht fest: Der Elmenhorster Kirchturm ist sehr alt. Zunächst waren Fachleute davon ausgegangen, dass der Bau aus dem 17. Jahrhundert erhalten ist, eine Kapelle als Andachtsstätte gab es dort schon im 13. Jahrhundert. Mit der derzeitigen Sanierung des Holzturms ist aber klar, dass auch der Holzturm der Kirche viel älter ist. Wahrscheinlich ist er der älteste Holzturm in Deutschland überhaupt.

Möglich machten diese neuen Erkenntnisse dendrologische Untersuchungen vom Fachmann. „Für den Turm in Elmenhorst wurden nun Fälldaten von 1258 plus/minus zehn Jahre ermittelt, und kürzlich wurde nach der Entfernung der Außenverbretterung deutlich, dass die insgesamt vier mittelalterlichen Hölzer noch in situ stehen: also dort, wo diese Hauptpfeiler im 13. Jahrhundert aufgerichtet wurden“, beschreibt Thorsten Rütz, Bauhistoriker und Archäologe aus Greifswald, in einem vorläufigen Gutachten den Ist-Zustand.

Damit sei dieser Holzturm mindestens so alt wie der bisher als Deutschlands ältester geltender in Neu Boltenhagen im Amt Lubmin, vielleicht sogar noch einige Jahre älter. Das kleine Dörfchen Elmenhorst zwischen Grimmen und Stralsund hat somit einen Holzkirchturm aus dem 13. Jahrhundert.

Dass diese vier wichtigen Stützhölzer des Turms erhalten geblieben sind, obwohl viele andere Holzteile erneuert wurden, liege daran, dass es über die Jahrhunderte immer nur Teilsanierungen gegeben habe, so Rütz. Anfang des 17. Jahrhunderts gab es neue Teile für das Innengerüst, Ende des 17. Jahrhunderts wurden Hölzer der Außenwände und Ende des 18. Jahrhunderts die gesamte Turmhaube erneuert. Etwa alle 100 Jahre wurden Teile des Turms ersetzt beziehungsweise umfassend repariert. Deshalb sind auch bei Weitem nicht alle Holzteile des Turms so alt wie die vier geprüften Stützbalken. Notwendig geworden war die jetzige umfangreiche Sanierung des Holzturms, weil die Bretter-Außenhaut so weit kaputt war, dass immer wieder Wasser eindrang und die wichtigen Balken im Inneren beschädigte, erzählt Marita Penz, stellvertretende Vorsitzende im Elmenhorster Kirchenrat. Nach jahrelanger Planung habe dann im Dezember 2023 der Bau begonnen – geplant und begleitet von Elke Meißner, Architektin in der Ingenieurteam Nord GbR Stralsund.

„Als dann die Bretter als Außenhaut von der Nordseite entfernt waren, kamen Holzgutachter und Bauhistoriker und mit ihnen diese neue sensationelle Erkenntnis vom wirklichen Alter des Turms“, berichtet Hartmut Penz. Der Elmenhorster ist fast täglich mit den Bauleuten vor Ort, kennt Hölzer und Entwicklungen genau.

„Vier der acht Haupthölzer stammen definitiv von 1254 bis 1256 und sind damals auch hier verbaut worden. Das haben Kernbohrungen und dendrologische Untersuchungen ergeben“, weiß er. Die Zimmerleute Andre Lenz und Gerd Harder sprechen sogar von noch neueren Erkenntnissen, nach denen die ältesten Balken bereits von 1211 sind.

Beeindruckend ist, wie vor Ort im Turm an markanten Punkten neue Hölzer und uraltes Bauwerk miteinander verbunden werden, um weitere Jahrhunderte standzuhalten. Hartmut Penz: „Es gab große Schäden. Das Holz war stellenweise richtig rausgefault.“ Und selbstverständlich seien auch nicht alle Hölzer im Turm aus dem 13. Jahrhundert.

Ganz neu ist jetzt das Turmdach. Auf die Haube wurden nach historischem Vorbild wieder Eichenholzschindeln in drei Lagen aufgebracht. Wer das allerdings genau betrachten will, muss in luftige Höhen steigen. Das Baugerüst macht es möglich.

Nicht mehr zu retten sind die Glocken, die zu Beginn der Sanierung ausgebaut wurden. Im Dezember 2023 läuteten sie feierlich zum letzten Mal. Aufgrund von Rostporen können sie nicht mehr verwendet werden. Ob und wann es dafür Ersatz geben wird, steht noch nicht fest.

Wann die Sanierungsarbeiten am Holzkirchturm abgeschlossen werden, ist auch nicht sicher. Ursprünglich waren sie bis Ende August 2024 geplant. „Es gibt aber viele verdeckte Mängel und auch die Untersuchungen haben Zeit gekostet. Deshalb ist dieses Datum wahrscheinlich nicht zu schaffen“, sagt Andre Lenz. Aufgrund des Bauumfangs und der Preiserhöhungen seien die Sanierungskosten enorm gestiegen. Um die 300 000 Euro wurden verplant. Wie viel das Vorhaben letztlich kosten wird, wisse die Kirche als Bauherrin bisher nicht. „Wir bemühen uns um mehr Geld, um weitere Förderungen“, sagt Marita Penz.

Gefördert werden die jetzigen Arbeiten vom Landesamt für Kultur- und Denkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern, von der Katharina-und-Gerhard-Hoffmann-Stiftung und vom Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis.

 
Der wohl älteste Holzkirchturm Deutschlands steht in Elmenhorst