Elmenhorst. Der Alte Pfarrhof in Elmenhorst bei Stralsund beliefert mittlerweile mehr als 20 Läden in Vorpommern mit seinen Bio-Produkten wie Milch, Brot oder Käse. Ein beachtlicher Erfolg, aber auch die Erfüllung eines Traumes für die Diplom-Agrar-Ingenieurin Claudia Resthöft, die den 460 Hektar umfassenden Bauernhof seit knapp 30 Jahren führt.

„1989 hatte ich noch einen Büro-Job in der Kieler Stadtverwaltung“, erinnert sich die Landwirtin. Durch die Wiedervereinigung Deutschlands fiel der Alte Pfarrhof zurück an die Kirche. 40 Jahre sozialistische Planwirtschaft hatten überall deutliche Spuren hinterlassen. Mithilfe des Vereins Ökologische Beschäftigungsinitiative Krummenhagen (ÖBIK) wurde damit begonnen, die Gebäude und die Hofanlage des Alten Pfarrhofes schrittweise wieder nutzbar zu machen.

„Die Kirche wollte einen Pächter haben, der einen Bio-Bauernhof etabliert und auch langfristig Arbeitsplätze schafft“, sagt Resthöft. Ein Berater der ÖBIK, der die gelernte Landwirtin kannte und wusste, dass sie mit ihrem Büro-Job unzufrieden ist, machte sie dann auf das Projekt aufmerksam.

„Als ich den Hof sah, war ich verliebt und hatte schon genaue Vorstellungen, was ich hier alles realisieren will. Ich war damals 30 Jahre alt und vielleicht etwas zu enthusiastisch, als ich gleich meinen alten Job gekündigt habe“, beschreibt die Bio-Bäuerin die Situation aus heutiger Sicht.

Dabei war Krummenhagen zu dem Zeitpunkt ein regelrecht totes Dorf, in dem kaum noch jemand lebte. Während es direkt an der Küste noch einige Jobs im Gastgewerbe gab, lag im Hinterland die Arbeitslosigkeit bei 30 bis 40 Prozent.

Zusammen mit einem ehemaligen Studienkollegen entwickelte Claudia Resthöft dann Liquiditätspläne, um aus dem ÖBIK-Projekt einen eigenständigen Betrieb zu machen: „Wir waren eine Handvoll Menschen, die ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen wollten“. Mit einer sogenannten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM), einer von der Arbeitsagentur bezuschusste Tätigkeit auf dem „Zweiten Arbeitsmarkt“, wurde der Projektstart dann zur Realität.

„Wir haben uns die halbe Nacht um die Ohren gehauen und Kartoffeln geputzt, die wir dann, zusammen mit Eiern, in Greifswald auf dem Wochenmarkt verkaufen wollten“, lacht die Bio-Landwirtin, „in einer Zeit, in der die Leute selbst überall noch ein paar Hühner und Kartoffeln in ihrem Garten hatten.“.

Der Anfang war schwer und es gab auch immer mal wieder Rückschläge, aber inzwischen arbeiten auf dem Demeter zertifizierten Bio-Bauernhof sieben festangestellte Mitarbeiter im Ackerbau, der Milchviehwirtschaft, Schweinezucht, Käserei, Bäckerei und in der Direktvermarktung der eigenen Produkte. Zudem drei Auszubildende und auch ein paar Praktikanten – man kann auf dem Alten Pfarrhof auch ein freiwilliges ökologisches Jahr absolvieren. „Ich bin nicht in einen Bauernhof reingeboren worden“, sagt Resthöft, „wodurch ich in Westdeutschland kaum eine Chance gehabt hätte, einmal einen solchen Betrieb zu führen“. Noch dazu in einer reinen Männerdomäne. „Im Osten war man schon damals deutlich emanzipierter und fortschrittlicher im Denken“, erklärt sie.

Dass sie als Frau auf einem Bauernhof „ihren Mann steht“, sieht sie eher als Vorteil denn als Nachteil. „Vielleicht mache ich den Job sogar besser, gerade weil ich eine Frau bin“, sagt sie und begründet das mit ihrer Liebe zum Detail und dass sie in vielen Dingen einfach genauer arbeitet. So beantwortet sie jede Bewerbung persönlich, anstatt die E-Mails einfach zu löschen.

Diplom-Agrar-Ingenieurin Claudia Resthöft betreibt den „Alten Pfarrhof“ in Elmenhorst als Bio-Bauernhof nach den strengen Demeter-Richtlinien.Foto: Stephan Pundt